Sonntag, 17. Januar 2010

Neues Spielzeug


15. Jänner

Wenn man schöne Wanderungen macht, sollte man auch gute Fotos machen. Ich hatte mir Anfang Jänner ein Buch über Fotografie gekauft (David Pogues: Digitale Fotografie – das fehlende Handbuch; O.Reilly Verlag, 2009), damit ich besser mit meiner kleinen digitalen Kompaktkamera umgehen kann. Leider hat sich in den letzten vierzehn Tagen sehr schnell herausgestellt, dass eine Spiegelreflexkamera bessere Optionen für die Fotografie bietet. Meine kleine Kamera hatte nämlich eine sehr lange Auslöseverzögerung und auch das Weitwinkel und der Zoombereich hatten seine Grenzen. Mehrmals beriet ich mich mit Klaudia, einer gelernten Fotografin und guten Freundin, welche Kamera ich mir kaufen sollte. Ich wollte eigentlich nur eine einfache Antwort, doch schon beim ersten Retourmail bekam ich eine ganze A4-Seite mit Fragen meiner Expertin, deren Beantwortung fast eine Stunde gedauert hatte. Aber wahrscheinlich geht es allen Laien in allen Fachgebieten so. Kaum stellt man eine Frage, treten hunderttausend Nebenaspekte ans Licht, mit denen man sich am liebsten nicht beschäftigt hätte. Aber so ist dies nun einmal auf dem Weg zum Experten: man muss lernen, denn nicht alles Wissen ist angeboren! Reinhard Konschitzky hat mir dies schon oft vorgelebt (Kauf einer Kamera, eines Motorrads und einer Reiseenduro).
Nach einigen Tagen des Hin und Her reichte es mir und ich beschloss, Klaudia ganz einfach zu einem Kaufnachmittag mitzunehmen. Wir trafen einander beim Saturn, schauten uns kurz um und gingen in ein richtiges Fachgeschäft (Sobotka auf der äußeren Mariahilferstraße). Es war eine lustige Verkaufssituation. Die Verkäuferin und Klaudia fachsimpelten über diverseste Vorzüge der Kameras, ließen mich drei Modelle in der Hand halten, suchten nach einem passenden Objektiv und besprachen alle weiteren Details. Ich muss sagen, es ist schon ein schönes Gefühl, nur der Geldgeber zu sein und mich um Filter, Card-Reader, Speicher und Taschen (noch) nicht kümmern zu müssen. Diese Entscheidungen wurden mir ganz einfach abgenommen. Ich zog mich vor dem Kauf mit meinen beiden Damen (Klaudia und Kathrine, die auch einmal eine Kamera halten durfte) ins Kaffeehaus zurück und besprach noch einmal die Einzelheiten. Wir konnten einige kleine Details aus der Einkaufsliste reduzieren und damit ca. 700 Euro einsparen. Während ich Bargeld besorgte, wählte Klaudia die Kameratasche aus und Kathrine überlegte sich, welche Wandersocken und adrettes Häubchen sie sich kaufen sollte. Der Kauf war dann relativ schnell getätigt und alle sehr sehr hungrig. Als Dankeschön lud ich meine Damen zum Inder ein. Zuhause dokumentierte Klaudia dann noch meinen äußeren Zustand.


Am Freitag nachmittag gab es dann für mich kein Halten mehr. Ich musste mein neues Spielzeug ausprobieren und beschloss, einen neuen Weitwanderweg zu starten. Die nördliche Variante des Weitwanderwegs 04 beginnt am Kahlenberg und verläuft über Klosterneuburg. Diese kleine Etappe habe ich auserkoren, um den Winter im Wienerwald hochauflösend mit 12,5 Megapixel zu dokumentieren.
Am Kahlenberg waren nur wenige Touristen anzutreffen. Der Ausblick an diesem Tag war auch nicht der beste. Hochnebel trübte die Fernsicht und es war auch ein bisserl eisig.

Der Weg war zu Beginn sogar geräumt. Einmal überholte mich ein Seniorenpärchen und bestaunte, wie lange ich durch den Sucher lugte und einen unscheinbaren Zweig zu fotografieren versuchte. Übung macht den Meister, dachte ich mir und fotografierte zehn andere.


Je weiter ich fortschritt, desto enger wurde das Wegerl und ich bog in einen fast unberührten, ungeräumten Waldweg.

Da es ein bisschen eisig war und auch die Zweige eisüberzogen glänzten, musste ich mein Schritttempo mäßigen. Im Wienerwald gibt es leider keine Fernsicht, sodass ich nicht wirklich abgelenkt wurde.


In Klosterneuburg angekommen, spazierte ich langsamen Schrittes durch die Einkaufsstraßen. Ich fühlte mich wie ein Fremder. Die Konsumtempel und Bäckereien, die Elektronikfachgeschäfte und Juweliere sprachen mich nicht an. In den Auslagen spiegelte sich ein einsamer Wanderer, der nicht verstand, wozu man all den Luxus braucht, wenn man einen Wanderstock, eine Thermoskanne, ein bisschen Proviant und warme Füße hat. Plötzlich machte mir die Durchquerung von Klosterneuburg keinen Spaß mehr. Ich war auf diese Stadt nicht vorbereitet gewesen nach den letzten Eindrücken, die mir der Wald geboten hatte. Also beschloss ich wieder nachhause zu fahren.