Freitag, 1. Januar 2010

Nordalpenweg 01(Der Beginn)

31. Dezember 2009
Den letzten Tag des Jahres 2009 wollte ich in der Natur verbringen und so mein erfolgreiches, sportliches Jahr abschließen. Abschluss bedeutet für mich auch immer gleichzeitig, dass etwas Neues beginnt. Die letzten Wanderungen waren die Vorbereitungen für die große Österreichdurchquerung, die ich einerseits auf dem Zentralalpenweg 02 und andererseits auf dem Nordalpenweg 01 machen möchte.
Diesmal begann ich nun den Nordalpenweg 01, der in Rodaun seinen Ausgang nimmt. Ich tingelte mit dem 60er langsam durch den 13. und 23. Bezirk und bestaunte die schönen Villen. In der Straßenbahn war ich der jüngste bis zur Endstation. Nur alte Muatterln stiegen zu und nach einigen Stationen wieder aus. Ich glaube, dies ist die Pesnionistenlinie schlechthin.

Das Wetter war für den letzten Dezembertag ganz hervorragend. Die Sonne blinzelte mic
h an, als ich aus der
Bim ausstieg. Ich musste mich nur kurz orientierten, dann folgte ich der grünen Markierung. Hinter mir versuchte eine Kehrmaschine mit mir Schritt zu halten. Sie pirschte sich immer näher an mich heran, musste dann aber meinen Weg verlassen und ich winkte nur kurz Adieu.
Nach wenigen hundert Metern verlässt man Wien und wird freundlich von Niederösterreich begrüßt. Wieder einmal hatte ich eine Grenze überschritten. Perchtoldsdorf ist eine schöne Stadt und auch die Heide bietet einen schönen Rundblick über Wien.



Zügig ging es zur Kammersteiner Hütte hinauf. Im Tal war ein Schild mit 1 ½ Stunden Wegzeit angegeben. Ich habe diese Strecke in 45 Minuten bewältigt. Einserseits war ich überrascht, andererseits enttäuscht, denn ich hatte mich auf einen quälenden faden Weg eingestellt gehabt. In Richtung Kammersteiner Hütte waren ein paar Senioren und auch Väter mit Kleinkindern, die sie brav auf den Schultern trugen, unterwegs. Auf der Kammersteiner Hütte spielte schon Partymusik, denn alles war in Vorbereitung auf den Jahreswechsel und in Feierlaune – nur ich nicht. Ich wollte mich heute austoben, schwitzen, am Ende des Weges vielleicht zusammenbrechen. Ich hatte dafür sogar mein Oslo-T-Shirt, das mit den Schweißrändern, angezogen.
Und da stand ich bei der Kammersteiner Hütte und war sprachlos über meine überschüssige Energie. Ich sprach noch kurz Kathrine auf die Mailbox, dann hirschte ich weiter. Immer der klaren Markierung entlang. Nach wenigen hundert Metern fragte mich ein nordic-walkendes älteres Pärchen, wo denn mein Hund sei. Ich sagte, der käme erst später nach und grinste.

Hütte um Hütte ließ ich hinter mir. Eine halbe Stunde vor Heiligenkreuz machte ich dann eine kurze Rast auf einem einsamen Bankerl, trank einen heißen Tee
und aß ein Corny zur Stärkung. Ein Reiter kam mir entgegen und lächelte zufrieden wie sein Pferd. Ich marschierte gestärkt weiter. Heiligenkreuz war schon

noch ein Stückerl entfernt und ich musste einige Zeit neben der Autobahn eine Forststraße entlang wandern. Eine Autobahn ist wirklich laut, das musste ich wieder einmal feststellen. Und verschandelt auch die Landschaft.
In Heiligenkreuz angekommen, fotografierte ich den Friedhof mit der Vetsera-Gruft.

Dann marschierte ich zum Stift.In letzter Zeit ist dieses Stift bekannt geworden durch seine singenden Mönche.

Die
gregorianischen Choräle waren sogar in den Charts zu finden! Leider hat sich die Kirchenmusik seit der Gregorianik stark weiterentwickelt (Stichwort: Polyphonie) und ich bin schon sehr gespannt, wann die Heiligenkreuzer Mönche diesen Schritt zur Moderne wagen werden. Palästrina musste ja lange darum kämpfen, dass die Polyphonie als nicht gotteslästerlich angesehen wurde, aber das ist jetzt auch schon fast 450 Jahre her.
Sehr viele Touristen besuchten das Stift an diesem Tag und ich bin nur einmal kurz durch den Innenhof gegangen, dann holte ich mir von einer Tankstelle ein kühles Red Bull, ein Cola und eine Kabanossi und setzte mich  auf ein Bankerl und blickte andächtig ins Tal hinunter.
Der Weg führte mich wieder in den Wald und jetzt wurde er ein bisserl matschig und zu einer leichten Rutschpartie.
Mitten in der Pampa steht ein einsamer Gasthof (das ist nun eine kleine Untertreibung, denn er wird von Hanner, einem wunderbaren Haubenkoch geführt) und hier begegneten mir gut gekleidete SpaziergängerInnen und ich fühlte mich mit meinem verschwitzten Gewand ein wenig deplatziert und es kamen mir ganz trübe Gedanken. Das muss wohl am nächsten Ort liegen! Durch Mayerling gehen wahrscheinlich irgendwelche Wasseradern, Meridiane oder Todesenergien, denn hier geschahen ganz mysteriöse Dinge!

Das Jagdschloss und auch das Kircherl schauen von außen recht adrett aus. Aber was sich drinnen abspielt, wollte ich gar nicht wissen!
Also ging ich weiter Richtung Maria Raisenmarkt. Jetzt bekam ich schon ordentlich Hunger. Auf einer Mauer war eine große Werbung für die Pizzeria Mafiosi in Maria Raisenmarkt angebracht. Ich fantasierte von einer Pizza Hawai mit großen Ananas-Stücken und wurde immer schneller. Zügig überholte ich die letzten Nordic Walker, Kinder, Jogger. Und dann bog ich um die Kurve und sah Rauch aufsteigen.

Ich träumte von einer Holzofenpizza. Hauchdünn wie in Sizilien. Von gutem Vino Tavola oder einem hundsordinären Lambrusco. Schnellen Schrittes durchquerte ich den Ort. Und – Pizzeria Mafiosi bis 5. Jänner geschlossen. So setzte ich mich auf das kalte Bankerl im Wartehäuschen und aß meine Mannerschnitten und trank meinen letzten Schluck Tee. Die Vorstellung reichte leider nicht, mir dieses karge Mahl schön zu reden, aber mein Magen dankte es mir. Der Bus kam bald und ich freute mich schon auf die Badewanne zuhause.