Donnerstag, 18. März 2010

Von Forchtenstein bis Scheiblingkirchen

20. Februar
Bei der Burg Forchtenstein kommen die Weitwanderwege 06, 01 und 02 zusammen und trennen sich erst wieder in Hochwolkersdorf. Es bleibt somit dem werten Weitwanderer in dieser schönen Ortschaft überlassen, welchen weiteren Weg er durch Österreich beschreiten möchte. Um zur Burg zu kommen, nahm ich den Zug um 9 Uhr von Wien Meidling nach Mattersburg und dann den Blaguss Bus. Im Bus war ich bis kurz vor Forchtenstein der einzige Fahrgast. In Forchtenstein selbst stiegen ein paar Damen vollbepackt mit Lebensmitteln für das Wochenende und dem nächsten Weltkrieg zu. Langsam schnaubte  der Bus die Serpentinen zur Burg hoch. Vis a vis des Burgtores befand sich die Bushaltestelle. Ich drückte den Ausstiegsknopf, doch der Fahrer blieb nicht stehen. Ich drückte nochmals, doch keine Reaktion. Erst als ich laut dem Fahrer zurief, dass ich aussteigen wolle, sagte er im breitestem burgenländisch-kroatisch:“Gleich, nach der Schneewehe“. Brav hatte der Fahrer also mitgedacht und mich somit vor einem halben Meter tiefen Schneebad gerettet. Glücklich über soviel Mitgefühl marschierte und stapfte ich den Berg weiter hoch. Schneeverwehungen machten es zeitweise mühsam und Hunde bellten unbarmherzig, wenn ich den Häusern auf der Rosalia zu nahe kam. Ein kurzer Straßenhatscher folgte, aber es gab kaum Verkehr. Dann bog der Weg wieder in den Wald ein und ich folgte vereisten Forststraßen.
Hochwolkersdorf ist ein schönes buntes Dörflein. Die Kirche ist von außen schön anzusehen. Ein moderner Supermarkt hatte auch am Samstag zu Mittag noch geöffnet. Doch halt! Ich war dem falschen Weg gefolgt. Ich wollte den 01A weiterfolgen, denn ich hatte spontan beschlossen über die Rax weiter Richtung Westen zu gehen und somit Kobersdorf nicht zu besuchen. Nun befand ich mich aber schon ein paar Kilometer auf dem 02er und so musste ich wieder zurückkehren. In Hochwolkersdorf fand ich dann wieder die richtige Markierung für kurze Zeit, bis ich mich wieder verlief. Die große Metropole Hochwolkersdorf wurde nun ein drittes Mal durchschritten und der Landstraße nach Bromberg gefolgt.
An diesem Samstag blies mir der Wind ordentlich entgegen. Das stellte für mich kein mentales Problem dar, da ich einfach träumte, ich befände mich schon in den Anden. Thernberg ist auch ein schönes Örtchen, das man vor allem dann besucht, wenn man wieder einmal die falsche Abzweigung genommen hat. Innerschildgraben hat eine lustige Freiluftskulptur-Ausstellung und Scheiblingkirchen eine restaurierte Kirche. Man muss diesen unspektakulären Weg einfach gehen um weiter zu kommen.

Samstag, 6. Februar 2010

Von Großhöflein bis Forchtenstein

4. Februar

Zu meinem Geburtstag hat mir Kathrine eine Jausendose aus Alu geschenkt und diese gehörte adäquat mit einer Wanderung eingeweiht. So beschloss ich am Donnerstag, dem 4. Februar, meinen Weg von Großhöflein aus fortzusetzen. Das Aufstehen in der Früh fiel mir unter der Woche schon schwer und mit knapper Not erreichte ich wirklich den Bus um 8:25 am Südtiroler Platz Richtung Eisenstadt. 
Als ich in den Bus einstieg und meine 7,20 Euro zahlte, erblickte der Busfahrer meine Vorteilscard. Er forderte mich auf, diese aus der Hülle herauszugeben und ihm die Rückseite zu zeigen. Noch ein bisschen außer Atem vom schnellen Lauf von der U-Bahn zum Bus-Terminal tat ich dies etwas ungeschickt und präsentierte ihm meine Vorteilscard. Enttäuscht schaute er auf die Rückseite und sagte im breitestem Busfahrerdialekt: „Sie san jo goar net behindert“.  Sonst hätte er mir nämlich nur die Hälfte des Preises verrechnet. Nun, diese Verwechslung konnte ich mir nur aus mehreren Umständen zusammenreimen: 1. Ich habe nur einen Stock, 2. meine Jack-Wolfskin-Jacke hatte am Ärmel eine gelbe Umrandung (Verdacht auf Sehbehinderung), 3. Ich hatte etwas gezittert als ich die Vorteilscard herausgenommen habe  (Verdacht auf Parkinson) und 4. da ich unrhythmisch keuchte (Verdacht auf Herzinsuffizienz oder schwere Lungenkrankheit).
Die Busfahrt an und für sich war dann wenig spektakulär. Auch der Weg von Großhöflein bis Forchtenstein schien nicht der „Bringer“ zu sein, wenn man ihn auf der Landkarte mit dem Zeigefinger nachfuhr. 

Die Kirche in Großhöflein ist von außen wirklich sehenswert. Das Ortsbild eher durchschnittlich burgenländisch. An diesem Tag versteckte sich die Sonne im Nebel und es hatte zu Beginn der Wanderung knapp über 0 Grad.
Ich stapfte über verschneite Feldwege und sah Weinstöcke. Krähen flogen über die Felder oder ruhten auf den Überlandleitungen. Drei Rehe und ein Hase schauten mir beim Wandern zu. Es war eine gemütliche Tour und trotzdem ging es immer ganz ganz leicht bergauf. Bei einem Bacherl rastete ich ganz kurz und trank einen heißen Kamillentee und schon ging es wieder weiter.
Schön langsam kam um in die Mittagszeit die Sonne hervor und der Nebel verzog sich. Es taute. Ich spürte Tropfen auf meiner Haut, als ich einen sogenannten „Kampfwald“ durchschritt. Auf einer Lichtung stand ein Bauernhof mit einer Schweinezucht. Die Schweine waren quietschfidel, grunzten und wühlten im frischen Stroh. Ganz neugierig betrachteten sie mich, während ich sie fotografierte. So stellt man sich glückliche Schweinderln vor!
Wie ich wieder einen Wald durchschritt, fiel mir der aufgewühlte Boden auf und ich kombinierte, dass hier Wildschweine hausen mussten. Und tatsächlich: Plötzlich 5 Meter von mir links im Gebüsch erhob sich ein Tier vollkommen überrascht und trottete durchs Gestrüpp davon. Ich wollte nicht stören, aber als ich mich bei ihm entschuldigen wollte, war es schon außer Sichtweite.
Der Schnee war nun richtig matschig und schwer und die Durchquerung des Waldes gestaltete sich daher mühevoll. Etwas erschöpft kam ich in Wiesen an und musste 10 Minuten warten, bis der Spar-Markt für den Nachmittag wieder seine Pforten öffnete. Ich kaufte mir zu Stärkung Getränke, eine Birne und eine Schokolade. Die Kassiererin fragte ich, wie lange ich zu Fuß zur Burg Forchtenstein noch brauchen werde. Sie sagte mit sehr ernstem Gesicht: „Mindestens noch 1 ½ Stunden“.  Ich hatte aber nur mehr eine Stunde Zeit, um den vorletzten Bus von der Burg nach Eisenstadt zu erreichen.  Also sputete ich mich. 
Schnellen Schrittes folgte ich der Markierung, verlief mich zweimal, was mir mindestens eine Viertelstunde kostete, und japste nach Luft. Irgendwo war eine Markierung mit 17% Steigung zu sehen, was aber nicht stimmen konnte, es fühlte sich eher wie 80% an! Schon konnte ich die Burg sehen. Ich hatte noch eine Viertelstunde und nur mehr 200 Meter. Kurz musste ich stoppen, da mein Gehirn nach Sauerstoff schrie und sich meine Lungenflügel wie mit Vakuum gefüllte Plastiksackerln anfühlten.  Es erinnerte mich an die nervenzerfetzende Fahrt in Norwegen, als wir eine Fähre erreichen mussten. 
Aber auch diesmal schaffte ich es. Zur Belohnung verschmauste ich meine kalte, aber fruchtig, saftige Birne. Glücklich und zufrieden schlief ich im Bus ein und freute mich, dass ich die 25 Kilometer ohne schwere Vergeher (abgesehen von einem kleinen Abschneider über die Böschung kurz vor Wiesen) bewältigt hatte.

Von Breitenbrunn nach Großhöflein

23. und 24. Jänner
Nun war es wieder einmal soweit. Kathrine hatte einen Teil ihrer Lerncoach-Ausbildung über das Wochenende zu absolvieren und ich daher ein Wochenende für mich und mein Weitwanderprojekt. Seit langer Zeit wollte ich den Zentralalpenweg 02, den ich in Breitenbrunn im November unterbrochen hatte, wieder fortsetzen und über das Leithagebirge bis nach Großhöflein marschieren. Im gelben Bücherl des Alpenvereins ist diese Etappe mit ca. 8 Stunden Gehzeit und als leicht ausgewiesen. Ich hatte mich bereits ein paar Mal in Google Earth in dieses Gebiet hineingezoomt und den Weg als klar, eindeutig und leicht erkannt. Man geht den Bergrücken gerade entlang und steigt bei Großhöflein bergab. Sollte man dieses Stück nicht auf einmal schaffen, was eher die Ausnahme ist, kann man jederzeit nach Eisenstadt oder an einen anderen Ort wandern und dort übernachten.
Am Abend zuvor packte ich meinen Rucksack mit einem T-Shirt, Unterhose, Biwaksack, Erste-Hilfe-Set und mehreren Büchern voll. Zeitig um 6 Uhr in der Früh stand ich auf und machte mir einen Tee und frühstückte. Leider vertrödelte ich mich beim gemütlichen Zeitunglesen und musste mich dann ordentlich sputen, um den Zug nach Breitenbrunn zu erreichen. Der Ostbahnhof bestand nur aus einer provisorischen Halle und mein Zug war eigentlich gar nicht angeschrieben, doch ich vermutete, dass dieser eine, der so erwartungsvoll auf dem letzten Gleis auf die wenigen Passagiere wartete, der meinige war und sprang schnell noch hinein.
Gottseidank war es tatsächlich mein Zug und ich genoss diese frühe Fahrt in einem warmen Abteil ganz allein und döste bis Neusiedl/See. In Breitenbrunn erkannte ich sofort meine Strecke wieder. 
Der Bahnhof lag in einer trostlosen Gegend, die Türme von Breitenbrunn grüßten aus der Ferne.  

Nach einer kurzen minimalistischen Fotodokumentation (David Judd hätte seine Freude über diese triste Landschaft und würde jedes Foto davon um 5.000 Dollar verkaufen) hatschte ich die Straße nach Breitenbrunn und sah ein paar Weinkeller.
Bei einer Tankstelle kaufte ich mir – traditionsgemäß – ein Cola und ein Baguette und trabte dann in Richtung der Weinberge.
Verschneit und ein bisschen eisig präsentierte sich der Anfang des Weges. Ein paar Schneeverwehungen ließen mich manchmal größere und kleinere Kurven gehen. Aber ich strebte forschen Schrittes immer weiter bergauf eine Forststraße entlang. Die Wegbeschreibung im Alpenvereinsführer war relativ unspektakulär und empfahl mir an einer Stelle den Bach zu überqueren. Ich tat es und befand mich auf einer ungeräumten Forststraße. So stapfte ich ca. 20 Minuten bergauf um dann zu erkennen, dass ich zu früh abgebogen war. Aber was soll’s, ich strebte weiter dem Bergrücken entgegen und befand mich irgendwann wieder auf dem richtigen Weg mit der rotweißroten Markierung.
Durch den Wald zu gehen macht Spaß, wenn man viel nachdenken kann und die Beschilderung sehr eindeutig ist. Es machte mir überhaupt nichts aus, dass ich der einzige Wanderer war, der diesen Weg ging. Hie und da sah ich Spuren von Rehen, die ebenfalls meinen Weg gegangen sein mussten. Und plötzlich sprangen vor mir zwei wunderschöne Exemplare über die Lichtung.
Die Markierung war frisch, Aussicht hatte man leider keine im Leithagebirge und so stapfte ich einfach dahin. Einmal traf ich einen Bauern bei der Forstarbeit und wir grüßten uns. Bauern scheinen die Wochenendruhe nicht zu kennen und ich war stolz auf diese fleißigen Menschen.
Irgendwie musste ich aber beim Nachdenken eine Abzweigung verpasst haben, denn plötzlich stand ich in einer Siedlung namens Mannersdorf. Ich hatte diesen Namen noch nie gehört und ich wunderte mich. In der Ferne sah ich eine Fabrik und weites Land. Ein längerer Blick auf meine Karte verriet mir, dass ich nördlich des Leithagebirges war! Potzblitz! Was für eine Überraschung! Trotz dreier Kompasse, einer Karte, des Alpenvereinsführers und der rotweißroten Markierung bin ich nicht südwestlich, sondern nach Norden gewandert. Dies war wieder einmal der Beweis dafür, dass ich einen Orientierungsgendefekt habe.
Nun begann ein längerer Straßenhatscher über Hof und Au bis nach Stotzing. Dort kehrte ich in eine kleine Gastwirtschaft ein und trank ein Cola und wartete auf den letzten Bus des Tages nach Wien. In der Metropole Stotzing gibt es nämlich keine Unterkunft. Diese Gastwirtschaft wurde nur von einheimischen Burgenländern besucht und die vier Herren an der Theken, die sich angeregt über Öltanks und Heizkessel unterhielten und ihre säuerlichen weiße Spritzer tranken, waren in ihrem Dialekt schwer zu verstehen.
Im Bus war ich einige Zeit der einzige Fahrgast. Der Busfahrer hörte Radio Burgenland. Nach einigen Haltestellen füllte sich der Bus mit alten Muatterln. Busfahren in dieser Gegend ist eher eine Pensionistentätigkeit.
Nachdem ich mich zuhause in die Badewanne gelegt und ein kühles Bier zwecks Muskelkaterprophylaxe getrunken hatte, ging ich früh ins Bett, denn am nächsten Morgen ging  um 9 Uhr mein Bus vom Südtiroler Platz wieder nach Stotzing zurück.
Der Sonntag ist eigentlich ein christlicher Ruhetag und dies merkte man auch in Stotzing. Keine Menschenseele begegnete mir bei minus 6 Grad.

Nach ca. 3 Kilometern Straßenhatscher erreichte ich den wirklichen Zentralalpenweg 02 und stapfte den Bergrücken wieder entlang. Öfters sah ich auf dem Weg Erdaufwühlungen. So als ob ein großes Tier etwas im gefrorenen Boden gesucht hätte. Ich dachte mir nichts dabei und ging weiter und weiter  und weiter. Dann kam mir ein cooler Einsiedler mit schnittiger 70er-Jahre Sonnenbrille entgegen. „Servas“, grüßte er mich kameradschaftlich, „gehst du den Null-Zwarer?“ Ich bejahte und er erzählte mir, dass er ihn auch mal gehen wollte, aber Probleme mit den Anbindungen an die Öffentlichen Verkehrsmittel hatte und deshalb diesen Weg durch Österreich abgebrochen hatte. Er meinte, dass er sich jetzt eher aufs Radfahren konzentriere und schon viermal in Frankreich über die berühmte Kopfsteinpflasterroute nach Paris gebraust wäre. An diesem schönen Sonntag ging er aber zu seiner kleinen Höhle, um sich ein Supperl zu kochen.
Nach einer längeren einsamen Strecke tauchte unvermittelt aus dem Wald ein Maskierter mit Gewehr auf und schaute grimmig. Zuerst dachte ich, dass hier vielleicht eine militärische Übung stattfindet – oder im schlimmsten Falle, dass ich mich schon wieder verlaufen hatte und ich an der ungarischen Grenze stehen würde. Doch dann erblickte ich die anderen Jäger und sah zwei geschossene Wildschweine, die hinten auf dem Auto festgezurrt lagen. Ich grüßte ganz freundlich und fragte, ob ich ein Foto machen dürfte von den Wildschweinen. Die Jäger waren hoch erfreut und luden die Schweine ab. Auf einem weiteren Auto hatten sie ebenfalls zwei Prachtexemplare verstaut. Sie legten die Beute parallel zu einander auf und formierten sich stolz dahinter.
Nachdem wir alle mit dem fotografischen Ergebnis zufrieden waren, wanderte ich weiter und machte Rast auf einer Bank hinter einem Marterl. Ich trank meinen Tee und aß mein Jausenbrot.  Großhöflein erreichte ich nach einer weiteren halben Stunde Fußmarsch und beschloss, durchgefroren und zufrieden nach diesen vielen Erlebnissen mit dem nächsten Bus nach Wien zu fahren.

Sonntag, 17. Januar 2010

Von Weißenbach an der Triesting bis Pernitz

16. Jänner
In den letzten Wochen hat sich der Samstag als Wandertag herauskristallisiert. Während die meisten Menschen auf den Einkaufsstraßen bummelten, zog es Kathrine und mich hinaus in die freie Natur. An diesem Tag wollten wir den Nordalpenweg 01 von Weißenbach an der Triesting bis Pernitz fortsetzen. Genau vor einer Woche hatte  in Weißenbach die Wanderung über den Peilstein mit Isabella und Kathrine geendet. Wir reisten um 9.35 Uhr von Meidling zuerst mit der Bahn und dann von Baden mit dem Bus an und um ca. 11 Uhr ging es - nachdem die Schuhe  brav fest geschnürt waren – wieder los.


Weißenbach ist ein netter Ort mit einer ordentlichen Zimmerei, einem kleinen Greißler, einem Elektrofachmarkt und schön renovierten Häusern.


Der anfängliche Straßenhatscher dauerte nicht sehr lange. Nach 10 Minuten hatten wir einen kleinen Forstweg und dann einen kleinen Weg durch den Wald erreicht. Neben der Triesting schritten wir durchs Tal und zweigten dann nach Süden.
Die Kienthal-Forststraße ist zwar nicht der offizielle Weitwanderweg 201 (wir hatten wieder einmal die Abzweigung verpasst), aber sie führte uns hinauf und präsentierte sich als Geheimtipp für Rodler - keine Streuung, tolles Gefälle.
Kathrine blickte öfters skeptisch auf ihren Plan, denn wir durften eine weitere Abzweigung nicht verpassen, um wieder auf den 201er zu stoßen.

Von Ferne hörten wir einen Forstarbeiter systematisch Bäume umschneiden und wir freuten uns, einen Menschen aus der Gegend zu treffen. Durch dickes Gestrüpp hindurch leuchtete seine rote Mütze und ich grüßte in den Wald hinein. Ich fragte ihn, ob wir hier zum 201er kommen würden und er antwortete im tiefsten Triestingtalerisch, dass wir schon richtig seien und nur um die nächste Biegung gehen müssten.
Tatsächlich! Das Holzkreuz und die Markierung begrüßten uns sonnenbeschienen. Kurz blinzelten wir auf einen schneebedeckten Acker und folgten brav der guten Markierung und dem gefurchten Weg. Kathrine genoss den Winter und Sonne. Brav stapfte sie hinter mir her, als wir durch ein kleines Wäldchen geleitet wurden.
Auf einer kleinen Anhöhe machten wir unsere Rast, tranken Tee und aßen unsere Jausenbrote.


Ein paar Fotos wurden noch gemacht und schon trabten wir wieder los. Diesmal ging es nicht so schnell voran, da wir uns wie auf einer Fotosafari in winterlicher  Landschaft fühlten. Hunderte Fotos wurden geschossen. Jede Biegung brachte neues Romantisches zum Vorschein.
Zwei Bauernhöfe lagen auf einer Anhöhe, der Himmel zeigte keine Wolken und die Obstbäume trugen weiße Pracht. Es war wunderbar kitschig.

Beim Abstieg kamen wir bei einem weiteren Forstarbeiter vorbei, der gerade dabei war, ältere umgeschnittene Bäume mit seiner Motorsäge zu zerschneiden. Wir mussten über die Äste kraxeln, aber das war für uns Bergfexe kein Problem.


Und dann sahen wir Wild! Schnell wurde mein Fotoapparat gezückt und dieses seltene Ereignis dokumentiert.

Leider mussten wir den 201er um 15 Uhr beim Waxeneck wieder talwärts verlassen, da wir nicht in die Dunkelheit kommen wollten. Wir stiegen einen steilen Berghang hinunter und mussten eine dreiviertel Stunde der asphaltierten Straße nach Ortmann bei Pernitz folgen. An der Haltestelle mussten wir nur 10 Minuten warten, bis der nächste Zug nach Wr. Neustadt einfuhr.

Neues Spielzeug


15. Jänner

Wenn man schöne Wanderungen macht, sollte man auch gute Fotos machen. Ich hatte mir Anfang Jänner ein Buch über Fotografie gekauft (David Pogues: Digitale Fotografie – das fehlende Handbuch; O.Reilly Verlag, 2009), damit ich besser mit meiner kleinen digitalen Kompaktkamera umgehen kann. Leider hat sich in den letzten vierzehn Tagen sehr schnell herausgestellt, dass eine Spiegelreflexkamera bessere Optionen für die Fotografie bietet. Meine kleine Kamera hatte nämlich eine sehr lange Auslöseverzögerung und auch das Weitwinkel und der Zoombereich hatten seine Grenzen. Mehrmals beriet ich mich mit Klaudia, einer gelernten Fotografin und guten Freundin, welche Kamera ich mir kaufen sollte. Ich wollte eigentlich nur eine einfache Antwort, doch schon beim ersten Retourmail bekam ich eine ganze A4-Seite mit Fragen meiner Expertin, deren Beantwortung fast eine Stunde gedauert hatte. Aber wahrscheinlich geht es allen Laien in allen Fachgebieten so. Kaum stellt man eine Frage, treten hunderttausend Nebenaspekte ans Licht, mit denen man sich am liebsten nicht beschäftigt hätte. Aber so ist dies nun einmal auf dem Weg zum Experten: man muss lernen, denn nicht alles Wissen ist angeboren! Reinhard Konschitzky hat mir dies schon oft vorgelebt (Kauf einer Kamera, eines Motorrads und einer Reiseenduro).
Nach einigen Tagen des Hin und Her reichte es mir und ich beschloss, Klaudia ganz einfach zu einem Kaufnachmittag mitzunehmen. Wir trafen einander beim Saturn, schauten uns kurz um und gingen in ein richtiges Fachgeschäft (Sobotka auf der äußeren Mariahilferstraße). Es war eine lustige Verkaufssituation. Die Verkäuferin und Klaudia fachsimpelten über diverseste Vorzüge der Kameras, ließen mich drei Modelle in der Hand halten, suchten nach einem passenden Objektiv und besprachen alle weiteren Details. Ich muss sagen, es ist schon ein schönes Gefühl, nur der Geldgeber zu sein und mich um Filter, Card-Reader, Speicher und Taschen (noch) nicht kümmern zu müssen. Diese Entscheidungen wurden mir ganz einfach abgenommen. Ich zog mich vor dem Kauf mit meinen beiden Damen (Klaudia und Kathrine, die auch einmal eine Kamera halten durfte) ins Kaffeehaus zurück und besprach noch einmal die Einzelheiten. Wir konnten einige kleine Details aus der Einkaufsliste reduzieren und damit ca. 700 Euro einsparen. Während ich Bargeld besorgte, wählte Klaudia die Kameratasche aus und Kathrine überlegte sich, welche Wandersocken und adrettes Häubchen sie sich kaufen sollte. Der Kauf war dann relativ schnell getätigt und alle sehr sehr hungrig. Als Dankeschön lud ich meine Damen zum Inder ein. Zuhause dokumentierte Klaudia dann noch meinen äußeren Zustand.


Am Freitag nachmittag gab es dann für mich kein Halten mehr. Ich musste mein neues Spielzeug ausprobieren und beschloss, einen neuen Weitwanderweg zu starten. Die nördliche Variante des Weitwanderwegs 04 beginnt am Kahlenberg und verläuft über Klosterneuburg. Diese kleine Etappe habe ich auserkoren, um den Winter im Wienerwald hochauflösend mit 12,5 Megapixel zu dokumentieren.
Am Kahlenberg waren nur wenige Touristen anzutreffen. Der Ausblick an diesem Tag war auch nicht der beste. Hochnebel trübte die Fernsicht und es war auch ein bisserl eisig.

Der Weg war zu Beginn sogar geräumt. Einmal überholte mich ein Seniorenpärchen und bestaunte, wie lange ich durch den Sucher lugte und einen unscheinbaren Zweig zu fotografieren versuchte. Übung macht den Meister, dachte ich mir und fotografierte zehn andere.


Je weiter ich fortschritt, desto enger wurde das Wegerl und ich bog in einen fast unberührten, ungeräumten Waldweg.

Da es ein bisschen eisig war und auch die Zweige eisüberzogen glänzten, musste ich mein Schritttempo mäßigen. Im Wienerwald gibt es leider keine Fernsicht, sodass ich nicht wirklich abgelenkt wurde.


In Klosterneuburg angekommen, spazierte ich langsamen Schrittes durch die Einkaufsstraßen. Ich fühlte mich wie ein Fremder. Die Konsumtempel und Bäckereien, die Elektronikfachgeschäfte und Juweliere sprachen mich nicht an. In den Auslagen spiegelte sich ein einsamer Wanderer, der nicht verstand, wozu man all den Luxus braucht, wenn man einen Wanderstock, eine Thermoskanne, ein bisschen Proviant und warme Füße hat. Plötzlich machte mir die Durchquerung von Klosterneuburg keinen Spaß mehr. Ich war auf diese Stadt nicht vorbereitet gewesen nach den letzten Eindrücken, die mir der Wald geboten hatte. Also beschloss ich wieder nachhause zu fahren.

Sonntag, 10. Januar 2010

Von Maria Raisenmarkt nach Weißenbach an der Triesting

9. Jänner
Der Winter ist nun auch wirklich in Wien und in Niederösterreich eingekehrt mit einem ordentlichen Patzen Schnee. Die wunderbar gut informierte Zeitung „Kurier“ prophezeite 50cm Neuschnee und Meterologen warnten die Autofahrer vor diesen Massen. Den ganzen Freitag hat es in Wien geschneit und man hörte auch in der Nacht den Schneepflug eifrig durch unsere Straße fahren. Bei Winterlandschaft meinen Weitwanderweg 01 fortzusetzen war schon längere Zeit mein Traum. Die nächste Etappe sollte über den Peilstein führen und ich überlegte mir ernsthaft, Schneeschuhe zu kaufen. Da aber einige Für und Wider abzuwägen waren, war für eine rein rationale Entscheidung, wie sie unser Freund Reinhard Konschitzky in meiner Situation durchführen würde, leider keine Zeit und so entschloss ich mich, diesen Kauf auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen.



Bei dieser nächsten Etappe begleiteten mich wieder die beiden wohlbekannten  Wanderinnen Isabella und Kathrine, obwohl es für letztere schon eine Überwindung war, so früh (9.08) einen Zug in Wien Meidling zu erreichen. Nachdem wir den Bus von Mödling nach Maria Raisenmarkt genommen hatten und vor der super Pizzeria Mafiosi ausgestiegen waren, mussten wir uns wieder adjustieren. Schuhe wurden geschnürt, Stöcke angepasst, Gamaschen befestigt. Eine letzte Präsentation der tollen Wanderbekleidung vom weiblichen „Mammut“  Isabella,  und schon ging es los.


 
Der verschneite Weg führte uns zur Ruine Arnstein. Diese Burg am Fuße des Peilsteins wurde 1529 von den Türken zerstört.


Nur wenige Mauerstücke gemahnten uns an die hehre Vorzeit unserer Ahnen. Überall standen schon jugendliche Bäume stramm, wo einstmals die Burgherren, Frauen und Knappen ein- und ausgingen.


Ganz begeistert vom verschneiten Wald machten wir viele Fotos und benötigten wirklich die angeschriebenen 1 ½ Stunden bis zum Peilsteinhaus.


Beim Peilsteinhaus angekommen, freuten sich Kathrine und Isabella auf eine warme Suppe und ich mich auf Linsen mit Knödel. Leider mussten wir einige Minuten auf einen Platz warten, da die Bergrettung ein Seminar abhielt und eine große Gruppe von Schülern mit ihren Eltern die Hütte frequentierte.
In der Zwischenzeit philosophierte ich über den Spruch „No brain – no headache“, der über den Holzscheiten neben den Ofen im Peilsteinhaus hing. Dieser Spruch ist einerseits richtig, denn zum bewussten Verarbeiten von Schmerz benötigen wir unser Gehirn, andererseits falsch, da unser Gehirn selbst über keine Schmerzrezeptoren verfügt und ihm Schaden zugefügt werden kann, ohne dass wir Schmerz dabei empfinden.
Die Linsen und die Suppe waren wirklich köstlich. Auch das Schiwasser mit Himbeeren schmeckte nach Himbeeren. In einer herumliegenden Bergsteiger-Zeitschrift des Alpenvereins las ich, dass die Sanitäranlagen im Peilsteinhaus frisch renoviert wurden und so beschloss ich nach 1 Liter Schiwasser,  die Herren-Toilette aufzusuchen. Die Sanitäranlagen waren wirklich sehr sauber. Auch deutsche Touristen hätten nichts zum Beanstanden gehabt. Meine beiden Wanderinnen bestätigten mir dieses Faktum auch für die gegengeschlechtliche Seite.



Der Abstieg vom Peilstein war wild romantisch. Wir folgten den Markierungen, verloren sie aber und folgten einer ausgezeichneten Rodelstrecke, bis wir im Tal waren.  Leider waren wir falsch und so mussten wir eine Viertelstunde wieder bergauf bis zur Peilsteinhütte, die von den Naturfreunden bewirtschaftet wird, aufsteigen.


 Dann ging es schön durch den Wald bis nach Neuhaus. Das Bild links zeigt das Schloss Neuhaus, das nach 1945 renoviert wurde. An alten Gebäuden vorbei, kurz den richtigen Wanderweg suchend bis nach Weißenbach an der Triesting.
Dort warteten wir in einem kuschelig warmen Wartesaal der Bahn auf unseren Zug nach Leobersdorf.

Freitag, 1. Januar 2010

Nordalpenweg 01(Der Beginn)

31. Dezember 2009
Den letzten Tag des Jahres 2009 wollte ich in der Natur verbringen und so mein erfolgreiches, sportliches Jahr abschließen. Abschluss bedeutet für mich auch immer gleichzeitig, dass etwas Neues beginnt. Die letzten Wanderungen waren die Vorbereitungen für die große Österreichdurchquerung, die ich einerseits auf dem Zentralalpenweg 02 und andererseits auf dem Nordalpenweg 01 machen möchte.
Diesmal begann ich nun den Nordalpenweg 01, der in Rodaun seinen Ausgang nimmt. Ich tingelte mit dem 60er langsam durch den 13. und 23. Bezirk und bestaunte die schönen Villen. In der Straßenbahn war ich der jüngste bis zur Endstation. Nur alte Muatterln stiegen zu und nach einigen Stationen wieder aus. Ich glaube, dies ist die Pesnionistenlinie schlechthin.

Das Wetter war für den letzten Dezembertag ganz hervorragend. Die Sonne blinzelte mic
h an, als ich aus der
Bim ausstieg. Ich musste mich nur kurz orientierten, dann folgte ich der grünen Markierung. Hinter mir versuchte eine Kehrmaschine mit mir Schritt zu halten. Sie pirschte sich immer näher an mich heran, musste dann aber meinen Weg verlassen und ich winkte nur kurz Adieu.
Nach wenigen hundert Metern verlässt man Wien und wird freundlich von Niederösterreich begrüßt. Wieder einmal hatte ich eine Grenze überschritten. Perchtoldsdorf ist eine schöne Stadt und auch die Heide bietet einen schönen Rundblick über Wien.



Zügig ging es zur Kammersteiner Hütte hinauf. Im Tal war ein Schild mit 1 ½ Stunden Wegzeit angegeben. Ich habe diese Strecke in 45 Minuten bewältigt. Einserseits war ich überrascht, andererseits enttäuscht, denn ich hatte mich auf einen quälenden faden Weg eingestellt gehabt. In Richtung Kammersteiner Hütte waren ein paar Senioren und auch Väter mit Kleinkindern, die sie brav auf den Schultern trugen, unterwegs. Auf der Kammersteiner Hütte spielte schon Partymusik, denn alles war in Vorbereitung auf den Jahreswechsel und in Feierlaune – nur ich nicht. Ich wollte mich heute austoben, schwitzen, am Ende des Weges vielleicht zusammenbrechen. Ich hatte dafür sogar mein Oslo-T-Shirt, das mit den Schweißrändern, angezogen.
Und da stand ich bei der Kammersteiner Hütte und war sprachlos über meine überschüssige Energie. Ich sprach noch kurz Kathrine auf die Mailbox, dann hirschte ich weiter. Immer der klaren Markierung entlang. Nach wenigen hundert Metern fragte mich ein nordic-walkendes älteres Pärchen, wo denn mein Hund sei. Ich sagte, der käme erst später nach und grinste.

Hütte um Hütte ließ ich hinter mir. Eine halbe Stunde vor Heiligenkreuz machte ich dann eine kurze Rast auf einem einsamen Bankerl, trank einen heißen Tee
und aß ein Corny zur Stärkung. Ein Reiter kam mir entgegen und lächelte zufrieden wie sein Pferd. Ich marschierte gestärkt weiter. Heiligenkreuz war schon

noch ein Stückerl entfernt und ich musste einige Zeit neben der Autobahn eine Forststraße entlang wandern. Eine Autobahn ist wirklich laut, das musste ich wieder einmal feststellen. Und verschandelt auch die Landschaft.
In Heiligenkreuz angekommen, fotografierte ich den Friedhof mit der Vetsera-Gruft.

Dann marschierte ich zum Stift.In letzter Zeit ist dieses Stift bekannt geworden durch seine singenden Mönche.

Die
gregorianischen Choräle waren sogar in den Charts zu finden! Leider hat sich die Kirchenmusik seit der Gregorianik stark weiterentwickelt (Stichwort: Polyphonie) und ich bin schon sehr gespannt, wann die Heiligenkreuzer Mönche diesen Schritt zur Moderne wagen werden. Palästrina musste ja lange darum kämpfen, dass die Polyphonie als nicht gotteslästerlich angesehen wurde, aber das ist jetzt auch schon fast 450 Jahre her.
Sehr viele Touristen besuchten das Stift an diesem Tag und ich bin nur einmal kurz durch den Innenhof gegangen, dann holte ich mir von einer Tankstelle ein kühles Red Bull, ein Cola und eine Kabanossi und setzte mich  auf ein Bankerl und blickte andächtig ins Tal hinunter.
Der Weg führte mich wieder in den Wald und jetzt wurde er ein bisserl matschig und zu einer leichten Rutschpartie.
Mitten in der Pampa steht ein einsamer Gasthof (das ist nun eine kleine Untertreibung, denn er wird von Hanner, einem wunderbaren Haubenkoch geführt) und hier begegneten mir gut gekleidete SpaziergängerInnen und ich fühlte mich mit meinem verschwitzten Gewand ein wenig deplatziert und es kamen mir ganz trübe Gedanken. Das muss wohl am nächsten Ort liegen! Durch Mayerling gehen wahrscheinlich irgendwelche Wasseradern, Meridiane oder Todesenergien, denn hier geschahen ganz mysteriöse Dinge!

Das Jagdschloss und auch das Kircherl schauen von außen recht adrett aus. Aber was sich drinnen abspielt, wollte ich gar nicht wissen!
Also ging ich weiter Richtung Maria Raisenmarkt. Jetzt bekam ich schon ordentlich Hunger. Auf einer Mauer war eine große Werbung für die Pizzeria Mafiosi in Maria Raisenmarkt angebracht. Ich fantasierte von einer Pizza Hawai mit großen Ananas-Stücken und wurde immer schneller. Zügig überholte ich die letzten Nordic Walker, Kinder, Jogger. Und dann bog ich um die Kurve und sah Rauch aufsteigen.

Ich träumte von einer Holzofenpizza. Hauchdünn wie in Sizilien. Von gutem Vino Tavola oder einem hundsordinären Lambrusco. Schnellen Schrittes durchquerte ich den Ort. Und – Pizzeria Mafiosi bis 5. Jänner geschlossen. So setzte ich mich auf das kalte Bankerl im Wartehäuschen und aß meine Mannerschnitten und trank meinen letzten Schluck Tee. Die Vorstellung reichte leider nicht, mir dieses karge Mahl schön zu reden, aber mein Magen dankte es mir. Der Bus kam bald und ich freute mich schon auf die Badewanne zuhause.